Tanne - Abies alba
"Tannen-Rindennekrose" |
Dreyfusia piceae
Nectria neomacrospora (Wr.) Booth & Samuels (=Nectria fuckeliana var. macrospora (Wr.) Booth) Cylindrocarpon cylindroidesWollenweber |
Tannen (Abies alba, Abies nordmanniana ...) werden immer wieder
von Läusen aus der Gattung Dreyfusia befallen.
Je nach Lausart und Entwicklungsstadium werden Nadeln, Zweig- und/oder Stammrinde besiedelt und besaugt. Dreyfusia piceae besiedelt die Stammrinde der Tanne (Abies alba), verursacht aber nur dann ernste Schäden, wenn andere biotische oder abiotische Faktoren hinzukommen (SCHWENKE, Handbuch der Forstinsekten). |
Beobachtungen zum Schadbild und zu den auf der Rinde vorkommenden Organismen:
Die Rinde von Tannen ist stark mit Läusen
(Dreyfusia piceae) besetzt (links).
Viele der befallenen Tannen sterben innerhalb kurzer Zeit ab. Oft ist der Austrieb des letzten Jahres stark verkürzt (rechts), ein Hinweis auf Probleme bei der Aufnahme und/oder dem Transport von Wasser und Nährstoffen. Mögliche Ursachen: Krankheiten und Schäden im Wurzel- und/oder Stammbereich. |
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Schält man die Rinde der befallenen Bäume ab, so zeigen sich
braun
verfärbte, abgestorbene Bereiche im Kambium oder der Kambiumbereich ist völlig verbräunt (bei bereits toten Bäumen). |
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Zwischen den Resten der weißen Wachswolle der inzwischen toten
Läuse findet man (bei intensiver Suche!) gelblich weiße Sporodochien
(links)
mit septierten, an den Spitzen abgerundeten Konidien (rechts). |
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Später sind auf der Rinde, bisweilen sogar großflächig,
mit bloßem Auge zu erkennen, rote Perithezien zu
finden. |
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Unter Umständen findet man, wiederum später, unterschiedlich
große hellbraune bis rotbraune
Flecken am Stamm, die schon aus der Entfernung sichtbar sind, und die große Teile des Stammes bedecken können. Dabei handelt es sich um Myzel und Konidienträger des Hyperparasiten Nematogonum ferrugineum, der auf Nectria-Arten und deren Anamorphen vorkommt. |
Nematogonum ferrugineum auf Nectria-Perithezien parasitierend. |
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Allem Anschein nach wird die Rinde der Tanne durch den Lausbefall für
einen Pilz "disponiert", der intakte Rinde aus eigener Kraft nicht infizieren
und besiedeln kann. Die gefundenen Sporodochien und Perithezien belegen,
daß es sich um einen auf die Rindenlaus folgenden Cylindrocarpon
cylindroides/Nectria fuckeliana-Befall handelt (vergleichbare Situation
wie bei der Buchen-
Rindennekrose). Der Pilz ist in der Lage, die Rinde (das Kambium) abzutöten. Daher findet man beim Abschälen der Rinde zunächst kleinere, dann auch größere Bereiche, in denen die Rinde (das Kambium) abgestorben ist. Im Endstadium, bei schon abgestorbenen Bäumen, ist das Kambium großflächig tot und braun. |
In der toten Rinde wird auf einem Stroma zunächst die Anamorphe des Pilzes (Cylindrocarpon cylindroides), später die Teleomorphe (Nectria neomacrospora) gebildet, die die Rinde durchbrechen. |
Nectria fuckeliana kann (wie andere Nectria-Arten auch) von einem Hyperparasiten (Nematogonum ferrugineum [=Gonatorrhodiella highlei]) befallen werden, der an der hellbraunen Farbe des Myzeln und der Sporen zu erkennen ist. Der Hyperparasit überzieht den Stamm (genauer: die vielen Sporodochien und/oder Perithezien) mit seinem Myzel vermindert die Sporenbildung der parasitierten Pilze erheblich, kann aber kaum zur biologischen Bekämpfung eingesetzt werden, da die Anwesenheit von Cylindocarpon/Nectria-Fruchtkörpern erforderlich ist. Diese erscheinen aber erst zu einem Zeitpunkt wenn der Schaden (durch den Pilz) längst eingetreten ist. |
Auf den Perithezien von Nectria neomacrospora läßt sich bisweilen ein weiterer Pilz feststellen, der möglicherweise ebenfalls als Hyperparasit in Frage kommt, über den aber nicht viel bekannt zu sein scheint. Er wurde vorläufig als Oospora nectricola bestimmt. | |
Mit dem Absterben der Rinde wird diese als Nahrungsquelle für
die Läuse unbrauchbar und die (sessilen) Tiere sterben ab. Wie es
scheint werden die "Lauskadaver" von einer weiteren Nectria-Art genutzt
(Nectria aurantiicola ), deren Anamorphe (= Fusarium larvarum)
in Form von orangeroten Sporodochien auf den Lausresten nachzuweisen
ist. Die Konidien dieses Pilzes sind sehr stark gekrümmt und damit
relativ typisch.
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Zweifellos ist die Situation auf und in der toten Tannenrinde komplex.
Sie ist jedoch ein schönes Beispiel für die Vielfalt der Organismen
selbst in einem sehr begrenzten Lebensraum, ihre speziellen Anpassungen
hinsichtlich Ernährung (tote Rinde, tote Insekten, lebender Pilz)
und die gegenseitigen Abhängigkeiten beim Zustandekommen einer Komplexkrankheit.
(Siehe in diesem Zusammenhang auch: Buchen-Rindennekrose) |
Wegen der großen Ähnlichkeit hinsichtlich der beteiligten Organismen und dem vergleichbaren Krankheitsverlauf wird vorgeschlagen, diese Komplexkrankheit der Tanne in Anlehnung an die der Buche als Tannen-Rindennekrose zu bezeichnen. |
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