Viscum album L. - Mistel |
Die Mistel, Viscum album, ist ein sog. Halbschmarotzer, der
seiner Wirtspflanze "nur" Wasser und Nährstoffe aus dem Xylem entzieht,
selbst aber in der Lage ist, zu assimilieren.
Viscum album ist immergrün und diözisch, d.h. es gibt weibliche und männliche Pflanzen. Die weißen Früchte werden von Vögeln (hauptsächlich Drosseln) verbreitet. Die Samen sind in klebrigen Schleim eingebettet, der an den Schnäbeln kleben bleibt und von den Vögeln an Ästen abgewischt wird. Dadurch und mit dem Kot der Vögel gelangen die Samen auf neue Wirtspflanzen. (Bäume mit steil aufrechten Ästen wie z.B. die Pyramidenpappel werden von Misten nicht oder nur sehr selten besiedelt weil sie Vögeln keine bequeme Sitzmöglichkeit bieten und deshalb auch nicht infiziert werden) |
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Nach der Keimung der Samen auf der Rinde wird von der Wurzel eine Haftscheibe gebildet, von der eine primäre Senkerwurzel ausgeht, die bis ans Holz reicht. "Rindenwurzeln" wachsen dann waagerecht und bilden sekundäre Senker bis ans Holz. Mit dem Dickenwachstum des Baumes werden die Senker der Mistel vom Wirtsgewebe umwachsen. Parallel zum Dickenwachstum des Wirtes verlängern sich die Senker interkalar mit einem eigenen Kambium. Misteln können über 50 Jahre alt werden . |
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Misteln entziehen ihrem Wirt Wasser und Nährstoffe. Was bei günstiger
Wasserversorgung des Baumes und bei geringem Mistelbesatz keine ernste
Bedrohung darstellt, kann bei schlechter Wasserversorgung (in Trockenjahren
z.B.) und/oder bei sehr starkem Mistelbefall zu gravierendem Zuwachsverlust,
starker Schwächung und auch zum Absterben von Ästen, Kronenpartien
und ganze Bäume führen.
Primäre und sekundäre Senker hinterlassen nach dem Absterben der Mistel Löcher, die das Holz weitgehend entwerten. |
durch Mistelsenker (siehe Wandkarte Nr. 10) |
Befallen werden Laub- und Nadelbäume (über 30 Wirtsarten).
Man unterscheidet 3 Unterarten der Mistel: Viscum album ssp. album auf Laubbäumen (Laubholzmistel). In ganz Europa oft lokal eng begrenzt gravierende Schäden und Ertragseinbußen an Obstgehölzen (z.B. Apfelbaum), Schäden an Pappeln, Parkbäumen und Ziergehölzen. Viscum album ssp. abietis (Tannenmistel). In ganz Europa oft lokal eng begrenzt gravierende Schäden und Ausfälle an Tannen. Viscum album ssp. austriacum (Kiefernmistel). In ganz Europa oft lokal eng begrenzt gravierende Schäden und Ausfälle, speziell an Kiefern. Schon bei Theophrast und Plinius d.Ä. finden sich Beschreibungen und Hinweise auf Misteln und ihre Bedeutung. Bei den Kelten wurde der Mistel hohe Heilkraft zugemessen. Die Mistel wurde auf einer heiligen Eiche mit einem goldenen Messer geschnitten. Sie mußte auf ein weißes Tuch fallen [siehe ASTERIX]. Den Saft der Beeren gab man Kranken, man schrieb ihm Förderung der Fruchtbarkeit und Heilkraft gegenüber allen Giften zu [NOELLE: Die Kelten, 1974]. Um 1900 wurde Viscum album nach Amerika verschleppt, möglicherweise sogar zu kommerziellen Zwecken bewußt eingeführt (von einem Gärtner, Luther BURBANK). Nördlich von San Francisco hat sich die Mistel auf mehr als 20 dort einheimischen Baumarten etabliert. Erst in den 60er Jahren bewußt wahrgenommen, befindet sich die Mistel in langsamer Ausbreitung. |
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Hier finden Sie das Bild einer Wandkarte über die Mistel. |
Literaturauswahl:
- Tubeuf, C.von, 1923: Monographie der Mistel. Verlag Oldenburg, München. 832 Seiten - Janssen, T.; Wulf, A., 1999: Zur Bedeutung von Misteln im Forstschutz. Mitteilungen aus der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Berlin-Dahlem, Heft 369 |
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lang@bot.forst.tu-muenchen.de | 2.2.2004 |